Von Schnüffelkatzen und Beruhigungsmitteln

Ich muss ja zugeben, dass ich in doppelter Hinsicht ein „Katzenjunkie“ bin. Sobald die Welt böse zu mir ist, schnappe ich mir nämlich eine meiner Samtpfoten, stecke ihr meine Nase in den Pelz und nehme einen tiefen Zug. Dann wickele ich das Fellknäuel in meine Arme und kuschele es so lange, bis die Welt wieder besser aussieht – oder die Katze sich empört und mit mehr oder weniger Nachdruck aus dem Staub macht.

Gerade in der Weihnachtszeit, wenn die to do Liste mir mal wieder über den Kopf zu wachsen droht, die Menschen draußen drängeln und das graue Wetter Weltuntergangsstimmung aufkommen lässt, nehme ich die nervenstärkende Wirkung meiner Tiger besonders gern in Anspruch. Da kommt keine noch so beruhigende Tasse Tee mit und erst recht keine Tablette aus der Apotheke.

Außerdem ist kein Zuhörer so geduldig wie eine Katze – und kein anderes Wesen erspürt so unmittelbar, wie es uns geht und ob wir Trost oder einen kleinen Clown brauchen.

Überhaupt sagt man Katzen ja zahlreiche gesundheitsfördernde Eigenschaften nach. Nicht nur, dass ihre Anwesenheit sich nachweislich gut auf die Psyche auswirkt – eine schnurrende Katze soll, auf einen Knochenbruch aufgelegt, sogar dessen Heilung beschleunigen. Allerdings verursacht mir allein der Gedanke an den unweigerlich folgenden Sprung herunter von Patient und Bruch unangenehme Schmerzphantasien.

Positiv sollen Katzen auch bei Halsweh, Rückenleiden und Blasenentzündungen wirken. Wie aber das Tier an den unmittelbaren Ort der körperlichen Beschwerden bringen, geschweige denn dort festhalten? Gern stelle ich mir vor, wie ich mir einen friedlich brummenden Neo um meinen schmerzenden Hals lege und die Mandelentzündung innerhalb weniger Stunden nachlässt, während der Kater mir lasziv, warm und äußerst dekorativ über die Schultern hängt. Auf die blutige Wirklichkeit verzichte ich lieber. Immerhin ist so ein lebendes Wärmekissen recht nützlich bei allen Arten von Beschwerden im Bauchraum – so lange es Lust hat und man sich nicht bewegen muss.

Nicht genug damit, dass Katzen Medizin auf vier Pfoten sind, sie sind auch begabte Ärzte und wissen um die Feinheiten der menschlichen Anatomie. Welche von ihnen kennt nicht die beschleunigende Wirkung einer sanften Blasenmassage beim noch schlafenden Menschen, wenn man schnell sein Frühstück haben möchte?

Der beste medizinische Anwendungsbereich für eine Katze bleibt aber nach wie vor jener rund um den menschlichen Nervenapparat.

Am liebsten würde ich ja stets eine rezeptfreie Beruhigungs- und Schnüffelkatze bei mir tragen, aber das ist logistisch und wahrscheinlich auch tierschutzrechtlich nicht ganz einfach – mal ganz abgesehen von der Kraft, die es benötigt, den ganzen Tag lang einen 6-kg-Kater mit sich herumzutragen. Der passt obendrein in kein halbwegs stilvolles Handtäschchen.

Somit beschränke ich mich auf die entspannenden fünf Minuten zwischendurch. Und wenn Madame oder Monsieur mich lassen, schlafe ich gern mit meiner Nase im Katzenfell ein – sozusagen Inhalationstherapie pur. Keine Schlaftablette wirkt besser als der Duft einer leise vor sich hin schnarchenden Katze – vorausgesetzt, die Mietz war nicht gerade ausgiebig auf dem Klo oder lässt einen jener gewaltigen Katzenpu… aber das ist ein anderes Thema.

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