Die Tischfrage

Während ich hier am Rechner sitze, über neue Texte nachsinne und genussvoll ein Stück veganer Schwarzwälder-Kirsch-Torte verzehre, ergibt sich das neueste Thema wie von selbst. Ich brauche praktisch nur das Wort „Kuchen“ zu denken, und schon erscheint Neo wie aus dem Nichts neben dem Kuchenteller und bekommt eine lange Nase. Er liebt Kuchen. Wohlgemerkt den trockenen Teig, nicht die Sahnecreme, wer mag denn schon Sahnecreme, also bitte?

Während ich also abwechselnd den Teller von rechts nach links schiebe und der Kater wie magnetisch angezogen folgt, fällt mir auf, dass bei mir etwas üblich ist, an dem sich sonst die Geister scheiden: meine Katzen dürfen auf die Tische.

Das war nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung, vielmehr haben die Katzen mit der üblichen Zermürbungstaktik nach und nach ihren Lebensraum um eine Etage nach oben erweitert.

Ich finde das nicht mal schlimm – eine Katze, die schnurrend auf dem Schreibtisch liegt, kann tatsächlich ganz enorm das Arbeitsklima verbessern.

Etwas lästig wird es allerdings beim Essen. Wenn Gäste anwesend sind und ein größeres Essen ansteht, erkläre ich den Tisch zur spontanen Tabuzone. Solange dann jemand im Raum bleibt und das Gedächtnis der Fellnasen zwischendurch mit einem entschiedenen „Nein!“ auffrischt, funktioniert das ganz gut.

Wenn ich hingegen allein bin, bin ich etwas großzügiger und stecke den Tisch-Tigern auch immer mal ein winziges Krümelchen zu.

Als Spooky noch lebte, hatten wir beide über ein paar Auseinandersetzungen hinweg unser morgendliches Müsli-Ritual enzwickelt: ich setzte mich mit dem Müsli an den Tisch und die schwarze Diva an den Rand des Tisches. Von dort beobachtete sie sehnsüchtig schnurrend, wie ich mein Müsli aß, bewegte sich jedoch nicht vom Fleck. Nicht einmal, wenn ich kurz das Zimmer verließ, veränderte sie ihre Stellung. Dafür durfte sie am Schluss dann immer den restlichen Schluck Milch aus der Schüssel lecken.

Es gab jedoch schon immer ein absolutes No-Go, und zwar im wörtlichen Sinne: alle Tische und Arbeitsplatten in der Küche sind zu 100 Prozent katzenfreie Zone. Nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern vor allem auch, weil besonders der Herd, ebenso aber herunterfallende Messer oder zerbrochene Gläser erstzunehmende Gefahren für meine kleinen Mitbewohner darstellen.

Diese haben sich mit der Regelung abgefunden und es braucht schon etwas ganz Besonderes, wie zum Beispiel einen frischen Blumenstrauß, dass jemand das Verbot vergisst.

Wie haltet Ihr das? Dürfen Eure Katzen alle Möbelstücke nach Gutdünken betreten und beliegen oder ist ihnen, wie uns, nur der Fußboden vorbehalten?

Ich habe das Stück Torte jetzt übrigens aufgegessen und ein paar Extrakrümel auf dem Teller liegenlassen, um Neo eine Freude zu machen. Nur: der Kater ist verschwunden. Ich stelle den Teller auf den Boden und rufe zweimal, versuche besonders viel Begeisterung in meine Stimme zu legen und fühle mich sehr großzügig – dennoch: kein Neo. Kein Interesse.

Katzen.

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