„Während ich konzentriert auf den Monitor schaue, bricht in einem anderen Teil der Wohnung ein akustisches Spektakel aus. Spooky gibt immer und immer wieder tiefe, kehlige Mauzgeräusche von sich, die allmählich lauter werden, je näher die Madame dem Arbeitszimmer kommt. Sie rollt das Miau förmlich im Hals herum, so dass die gurgelnden Töne, die sie von sich gibt, eher nach einer Frosch-Katze-Mischung klingen als nach einer eleganten Samtpfote. Begleitet vom leisen Tapp Tapp ihrer Pfoten auf dem Laminat kommt sie unablässig mauzend um die Ecke und trägt mit hoch erhobenem Haupt eine Socke im Maul vor sich her. Stolz legt sie ihre Beute vor meine Füße. Auf ihren fragenden Blick hin lobe ich die Jägerin natürlich überschwänglich und nehme das Geschenk dankend an. Vorsichtig erhebe ich mich und werfe einen Blick um die Ecke: auf der Suche nach der dicksten und leckersten Maus hat augenscheinlich jemand einen Großteil der Socken vom Wäscheständer gezogen und sie über den gesamten Fußboden verteilt. Eine Feinstrumpfhose hat ebenfalls ihren letzten Atemzug getan und verziert lang hingestreckt den Küchenboden.
Unter Spookys wachsamem Blick lege ich das hart erkämpfte Geschenk neben mir auf den Schreibtisch und hoffe, dass es in Ordnung ist, wenn ich die Socke erst später esse.“
So weit ein kleiner Blick in die Vergangenheit. Leider weilt die schwarze Diva nicht mehr unter uns, und somit haben auch ihre einzigartigen Jagdkonzerte ein Ende gefunden. Nicht nachgelassen hat jedoch der Reiz, den insbesondere lose Wäschestücke auf die Katzen ausüben – auch wenn es außer Spooky bisher niemandem gelungen ist, einen der gemeingefährlichen fünffüßigen Handschuhe zu erlegen.
Lira-Mi ertappe ich immerhin regelmäßig, wie sie still und unschuldig inmitten eines Sockenmeers sitzt und jede Beteiligung am sie umgebenden Chaos abstreitet. Ihre bevorzugte Beute besteht allerdings aus frischen Salatblättern, die sie dann gern intensiv beleckt und zerkaut mitten auf dem Bett liegen lässt.
Und auch, wenn Neo inzwischen etwas ruhiger geworden ist, haftet ihm die glorreiche Vergangenheit eines großen Jägers an. Vor vielen Jahren hatte er sich eine Ecke unter einem Sessel auserkoren, in der er unbemerkt seine Beute hortete. Da Studenten vereinzelt dazu neigen, es mit dem Staubsaugen nicht ganz so genau zu nehmen, hatte er viel Zeit, um dort ein wildes Sammelsurium verschiedenster Dinge zusammenzutragen. Erst Monate später staunten wir nicht schlecht, als wir das kunterbunte Allerlei zutage förderten: Socken, Geschirrtücher, Weinkorken, Tischtennisbälle, Stifte, Überraschungseierhülsen und diverse Papierfetzen. Neo allerdings nahm die Beschlagnahmung seines persönlichen Besitzes wenig begeistert auf und hat sich seitdem nie wieder eine ähnliche Sammelstelle eingerichtet.
Ganz anders hielten es Bekannte von uns, die ihrer Katze einmal monatlich eine lebende Maus mitbrachten und dann den weiträumigen Flur zur Jagd freigaben. Ihre Absichten waren sicher edel und sehr katzengerecht, aber mir taten die niedlichen kleinen Mäuse leid, die auf den Dielen der schönen Altbauwohnung ihr Schicksal fanden. Da ersetze ich lieber hier und da mal eine löchrige Socke.
Wohnungskatzen und die Jagd – auch bei Ihnen ein Thema? Was erlegen Ihre Stubentiger, wenn sie das Jagdfieber packt?