Von der Unmöglichkeit, eine Katze zu fotografieren

Katze-gähnt-neoomiIch bin inzwischen ja der Meinung, dass all die schönen Katzenfotos im Internet gar nicht echt sind. Alles nur gelogen! Eine Katze lässt sich nicht einfach so fotografieren.

Das immense Datenvolumen moderner Rechner wurde vor allem für unzählige unbrauchbare Fotos von Katzenpopos, Katzenrücken und Katzen in Bewegung geschaffen.

Natürlich können wir kein einziges Bild löschen, das auch nur im Entferntesten mit unserer Götterkatze zu tun hat! Also füllt sich unsere Festplatte zunehmend mit digitalen Zeugnissen kätzischen Eigensinns.

Den Versuch, Carlo, Kitty oder Maunz in der perfekten Pose abzulichten, könnte man fast schon zu einer eigenen Kunstform erheben. Wohnt einem Foto, auf dem „eigentlich eine Katze zu sehen sein sollte“, nicht eine gewisse metaphysische Dimension inne?

Meist beginnt alles ganz harmlos. Gerade mit etwas anderem beschäftigt, streifen wir mit einem Seitenblick unseren Stubentiger und halten inne: wie süß er daliegt! Flugs wird die Kamera gegriffen und auf den Auslöser gedrückt. Nur, dass unser geliebter Vierbeiner nach zehn Stunden unbewegtem Dauerschlaf just in diesem Sekundenbruchteil nicht nur gähnt, sondern uns auch in einem Versuch der Neupositionierung ganz ungeniert sein Hinterteil entgegen reckt. Was eben noch nach dem perfekten Schnappschuss aussah, wird lediglich zur neuesten Datenleiche.

neoomi-neo-gähntStundenlang kann man neben einer schlafenden Katze die Wohnung umräumen, Möbel zusammenbauen und dazu lautstark seine Lieblingslieder trällern: die Samtpfote wird das nicht im geringsten tangieren. Tiefschlaf ist Tiefschlaf.

Anders sieht es aus, wenn man sich mit dem kleinen Bilderkasten nähert. Da kann man sich noch so leise anschleichen, die weichsten Socken anziehen und sogar auf das Atmen verzichten: der interne Fotosensor der gemeinen Hauskatze zeigt zuverlässig jedes bildgebende Gerät in einem Radius von fünf Metern um die Katze an. Das Ergebnis sind unmittelbare Änderungen von Position, Mimik und Bewegungsmuster. Meist nicht zum Vorteil unserer angestrebten Bildkomposition.

Mit den Augen einer Katze betrachtet, wirkt so eine Kamera tatsächlich nicht sehr sympathisch. Was soll man von einem komischen Kasten mit einem großen gläsernen Auge halten, hinter dem Frauchens angespannte Stimme hervor schallt und Anweisungen gibt wie: „Neo, guck mal freundlicher!“ „Nein, nicht drehen!“ „Bleib sitzen, bitte!“ „Guck mal, Mi, guck mal, Miiii, hiiiierheeeer!“

katze-in-filzhöhle-neoomi-2Außerdem riecht eine Kamera nicht besonders gut, sie schmeckt nicht und runterwerfen darf man sie auch nicht. Dafür läuft sie einem ständig hinterher und schleicht sich in den intimsten Momenten an einen heran, ob man gerade verzweifelt einen Haarballen hochwürgt oder entspannt von einem Tête-à-Tête mit einem hinreißenden Mäuschen träumt.

Während ich das schreibe, guckt mir die Mi aufmerksam aus ihrer Filzhöhle heraus zu. Das sieht sehr niedlich aus und wäre bestimmt ein Foto wert. Als ich neulich jedoch versuchte, meine Katzen in ebenjener Filzhöhle für ein offizielles Produktfoto abzulichten, rutschte das gute Stück auf der Beliebtheitsskala spontan von einer 10 auf eine 0 – was in etwa dem Status der Transportbox entspricht, wenn es zum Tierarzt geht. Man hätte meinen können, die Höhle sei mit Säure gefüllt. Da konnte ich Leckerchen in die Höhle legen, mit Bändchen wedeln und ewige Überfütterung versprechen: nach 2 Stunden brach ich den Fototermin unverrichteter Dinge ab. Resigniert packte ich die Kamera ein und tröstete meine Nerven mit einem belegten Brot. Während ich gedankenvoll den ersten Bissen genoss, wanderte mein Blick zur Filzhöhle – jetzt dekorativ gefüllt mit einem zufrieden dreinschauenden Fellball.

„Katzen“, dachte ich. „Katzen.“

 

neoomi-mi-will-kamera-haben

 

 

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